Baden-Württemberg

Der VCD beobachtet und kommentiert verkehrspolitische Entscheidungen, mischt sich mit eigenen Forderungen und Konzepten in die politische Debatte ein und veranstaltet Aktionen und Kampagnen für ein Umdenken von Staat und Gesellschaft.

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Landesverband BW

Seilbahnen zur Verbesserung der Klimabilanz im Verkehrssektor

Der VCD-Landesverband Baden-Württemberg diskutierte das Potential von urbanen Seil-Schwebebahnen. Thematisiert wurden ökologische und verkehrliche Auswirkungen, um auch im Verkehr der Zukunft einen Beitrag zur Einsparung von CO2 zu leisten.

Seilbahn in Koblenz
Quelle: Emilian Danaila, Pixabay
Ökologische Gesamtbetrachtung Seilbahn im Vergleich zu Straßenbahn, kleinem Bus und großen Bus
Quelle: Fa. Doppelmayr

Michael Welsch, Dipl.-Ing.(FH) bei SSP Consult, Beratende Ingenieure, stellte uns Möglichkeiten und einige Planungen zu Projekten in Stuttgart vor. Michael Schnellbach, Geschäftsführer der Bundesgartenschau 2023, sein bereits realisiertes Projekt für die diesjährige Bundesgartenschau in Mannheim.  

Michael Welsch erläuterte, dass in Stuttgart vier Korridore für Seilschwebebahnen im Stadtgebiet untersucht wurden. Vom Stuttgarter Gemeinderat wurde daraus für den Korridor in Vaihingen die vertiefende Planung als Pilottrasse beschlossen. Bis Ende dieses Jahres sollen Ergebnisse vorliegen und ein Vergleich mit einem Ausbau der Stadtbahn oder des Busangebots erfolgen.. Im Übrigen stellte er die technischen Möglichkeiten von Seil-Schwebebahnen insgesamt vor und zeigte, dass in urbanen Gebieten wie Stuttgart, der ökologische Gewinn in geringen Geräuschemissionen und Flächeneingriffen, der hohen Frequenz der Kabinenabfahrten und langfristig im wenig personalintensiven Betrieb liegt.  

Die konkrete Planung für Stuttgart sieht folgende Stationen vor: VAI-Campus (das ehem. IBM-Eiermann-Gelände), Freibad Vaihingen, Bahnhof Vaihingen (2 Stationsteile), Gewerbegebiet Vaihingen/Möhringen und das P+R-Parkhaus an der A8. Die Stützen werden hierbei so hoch gebaut, dass die Kabinen über den Baumkronen fahren und somit kein Abholzen nötig ist. Über die Bahngleise am Vaihinger Bahnhof wird eine Fußgängerbrücke gebaut, an der seitlich mit Schienen die Seilbahnkabinen von der Westseite des Bahnhofs auf die Ostseite fahren können, um sich dort wieder mit dem Seil zu verbinden. Von dort schweben die Kabinen über das Gewerbegebiet bis zum geplanten P+R-Parkhaus an der Autobahn A8. In Stuttgart, wie auch in anderen Städten, reißen sich die Verkehrsbetriebe bislang noch nicht um die neue Technologie, da sie ihnen zu unwägbar scheint. Hier wäre die Politik gefragt, um das letzte Quäntchen Sicherheit zu geben, fordert Marlis Heck vom VCD. 

In Mannheim ist bereits eine Seilbahn installiert, die zur Eröffnung der Bundesgartenschau am 15. April 2023 in Betrieb geht und Besucher vom Luisenpark zum neu gestalteten Spinelli-Parkgelände transportieren wird. Der Luisenpark wird nach 1975 schon das zweite Mal für eine Bundesgartenschau gestaltet. Zusätzlich wird ein neues Parkgelände eingerichtet, dass dann über die Seil-Schwebebahn schnell erreichbar sein wird. Bau und Betrieb wird von der Firma Doppelmayr übernommen. Herr Schnellbach betonte “die attraktive Verbindung zwischen den Geländen der Gartenschau, der wir wunderbare Ausblicke auf die Stadt, aber eben auch ein angenehm leises System und geräumige Kabinen verdanken”.  Die Seilbahn konnte im ökologischen und wirtschaftlichen Vergleich überzeugen. So setzte sie sich gegen verschiedene andere innovative Verkehrsmittel wie eine Monorail oder autonom fahrende Busse durch. 

Der dauerhafte Betrieb über die BuGa23 hinaus wurde bereits untersucht. Das Fahrgastaufkommen im Regelbetrieb kann jedoch nicht mit dem einer Bundesgartenschau mithalten, erklärt Michael Schnellbach. Daher wird die Seilbahn nach der BuGa23 voraussichtlich wieder abgebaut, um an einem neuen Ort zum Einsatz zu kommen.   

Auch in Koblenz, wo 2011 zur damaligen BuGa die Seilbahn in Betrieb ging, sollte diese nach sechs Monaten wieder abgebaut werden. Nur eine sehr engagierte Bürgerinitiative „Pro Seilbahn“ hat den Abbau verhindert mit der glücklichen Situation, dass die Firma Doppelmayr, die das Projekt umgesetzt hatte, den Betrieb seither übernimmt. 

Michael Welsch stellte außerdem ein innovatives System aus der Schweiz vor, dass beim Einstieg eine Zieleingabe erwartet und dann den Fahrgast ohne weiteren Halt dorthin befördert. Ein anderes System upBus, von der RWTH Aachen entwickelt, kann die Kabinen vom Seil auch an Trailer übergeben, die auf Straßen oder Schienen autonom verkehren können (https://www.upbus.rwth-aachen.de/). Um die Privatsphäre zu wahren, wie etwa beim Schweben über ein Freibad, können Scheiben der Kabinen temporär undurchsichtig werden, da sie durch GPS-Empfänger ihre Position kennen. 

Teuer sind bei Seilbahnen die Stationen. Außerdem werden Stützen benötigt, die in die Landschaft integriert werden müssen. Trotzdem betonen beide Referenten, dass auf lange Sicht, durch den geringen CO2-Fußabdruck im Betrieb, die Seilbahn das effizienteste System sei. Im Vergleich zu einem Kleinbus, ist er um den Faktor 5 besser. 

Das Fazit der Veranstaltung ist eindeutig: Seilbahnen können einen wertvollen Beitrag zur CO2-Reduzierung darstellen. Die Systeme sind technisch ausgereift und bewährt. Sie müssen aber in ein Gesamtverkehrskonzept eingebunden werden, das die Reduzierung des Straßenverkehrs verfolgt, um die Städte für die Menschen lebenswerter zu gestalten. Was noch fehlt sind couragierte Städte, die sich als Vorreiter den Betrieb in einem Gesamtverkehrskonzept zutrauen. 

 

https://www.itas.kit.edu/pub/v/2017/reua17a.pdf

https://www.stuttgart.de/leben/mobilitaet/oepnv/seilbahn.php

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