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Bewohnerparkgebühren in Freiburg

Nicht schon wieder die selbe Diskussion - wir müssen nach vorne schauen wenn wir die Mobilitätswende schaffen wollen!

Der Verwaltungsgerichtshof (VGH) in Mannheim hat den Eilantrag von FDP-Gemeinderat und Inhaber einer Fahrschule Sascha Fiek abgewiesen1. Die in Freiburg erhobenen Gebühren sind in ihrer Höhe angemessen, die Differenzierung ist systematisch und die Begründung durch Klimaschutz und Verkehrslenkung ist legitim.

Damit steht den seit 01. April geltenden Bewohnerparkgebühren juristisch nichts mehr im Wege.

Allerdings muss sich der Gemeinderat am 28. Juni auf Antrag der Fraktionen von CDU, SPD, Freie Wähler und FDP/BFF erneut mit diesem Thema beschäftigen. Diese vier Fraktionen, die gemeinsam keine Mehrheit im Gemeinderat bilden, wollen das Thema Bewohnerparken erneut auf die Tagesordnung des Gemeinderats setzen, obwohl im vergangenen Jahr ausführlich darüber diskuttiert und am 14. Dezember eine demokratische Entscheidung gefällt wurde.

Für eine faktenbasierte Diskussionsgrundlage fassen wir unsere Argumente für die aktuell geltende Regelung an dieser Stelle noch einmal zusammen.

 

soziale Dimension

Bewohnerparkgebiete gibt es bisher lediglich in innenstadtnahen Freiburger Bezirken. In den betroffenen Gebieten leben weniger als 40 % der Freiburger:innen. Weil die innenstadtnahen Wohngebiete außergewöhnlich gut mit dem ÖPNV erschlossen sind, es relativ viele Carsharing Fahrzeuge auf engem Raum gibt und die alltäglichen Wege für Besorgungen relativ kurz sind, eignen sich eben gerade diese Gebiete besonders gut für Maßnahmen die die aktive Mobilität fördern.
Die Wohnungspreise in den betroffenen Stadtgebieten sind hingegen relativ hoch, was es weniger wahrscheinlich macht, dass ökonomisch weniger leistungsfähige Haushalte übermäßig vertreten sind. Von diesen Haushalten besitzen ohnehin nur ein Drittel ein privates Auto und nicht wenige dürften in Häusern leben die nach dem II. Weltkrieg erbaut wurden. Schließlich wurde gerade der Innenstadtbereich von der Bombardierung stark zerstört. Diese müssten also eigentlich, aufgrund der Bauordnung auch einen privaten Stellplatz vorweisen.

Der derzeit geltende Beschluss beinhaltet großzügige Ermäßigungen für folgende Personengruppen:

§5
Gebührenermäßigung
(1) Für Personen, die Leistungen nach SGB II, SGB XII, Kriegsopferfürsorge (Bundesversorgungsgesetz) und AsylbLG sowie Personen, die Wohngeld erhalten, wird eine Gebühr in Höhe von 25 % der in § 4 Abs.1 bis 4 genannten Gebührenhöhe festgesetzt. Die Leistungsberechtigung ist mit dem Antrag nachzuweisen.

(2) Für Personen mit einem Grad der Behinderung von mindestens 50 (Merkzeichen unerheblich) sowie Inhaber_innen einer Parkerleichterung für besondere Gruppen schwerbehinderter Menschen („orangefarbener Parkausweis“) gemäß § 46 Abs. 1 Nr. 11 StVO (Ausnahmegenehmigung und Erlaubnis) wird eine Gebühr in Höhe von 25 % der in § 4 Abs.1 bis 4 genannten Gebührenhöhe festgesetzt. Die Berechtigung zur Ermäßigung ist mit dem Antrag nachzuweisen.

 

Selbst wenn es Menschen geben sollte die wenig Geld haben aber nicht unter die oben genannten Ermäßigungen fallen, trotzdem in der Innenstadt wohnen, ein privaten PKW besitzen und diese nicht abschaffen können und auch noch das Pech haben keinen privaten Stellplatz zu haben, ist es nicht zwingen notwendig, dass sie ihren privaten PKW direkt vor ihrer Haustüre abstellen. Wenn sie irgendwo in den Schwarzwald pendeln müssen dann können sie ihr Auto an Park & Ride Parkplätze stellen und mit dem ÖV oder dem Fahrrad aus der Stadt raus fahren um dort in ihr Auto zu steigen, wenn sie es denn unbedingt brauchen sollten.

Hingegen gibt es zahlreiche Menschen die einen privaten Stellplatz mieten müssen, weil der eben zur Wohnung dazu gebaut werden musste, obwohl sie gar kein Auto besitzen. Sie können den Stellplatz aber nicht vermieten, weil alle ihre Autos lieber für wenig Geld bzw. kostenlos auf die Straße stellen. Unterm Strich werden viel mehr Menschen in Freiburg davon profitieren, wenn sie ihren zwangsvermieteten Stellplatz untervermieten könnten. Endlich könnten mal diejenigen profitieren, die sich ökologisch sinnvoll verhalten und kein privaten PKW besitzen! Adäquate Preise für Bewohnerparken ist aktive Sozialpolitik!

 

Flächengerechtigkeit

Gerade die innenstadtnahen Bezirken weisen sehr wenig Platz auf öffentlichen Wegen aus. Dieser Platz muss effizient genutzt und nicht, durch das Abstellen eines privaten PKW, der im Schnitt mehr als 23 h am Tag rumsteht - privatisiert werden. Der Fuß- und Radentscheid Freiburg hat mehr als 40.000 Unterschriften von Bürger:innen und Bürgern der Stadt gesammelt und in seinen Forderungen, die all diese Menschen unterschrieben haben steht klipp und klar: "Die Einrichtung von Radwegen erhält eine höhere Priorität als der ruhende Verkehr."
Das ist verkehrswissenschaftlich und städteplanerisch Konsens! In Reutlingen gingen die Anträge auf Bewohnerparken nach der Gebührenerhöhung um 30 %2 zurück! Wie viel Platz in der Innenstadt würde frei wenn wir 30 % der Parkplätze zurückbauen könnten und an deren Stelle Platz für Fuß- und Radverkehr oder zusätzliche Bäume schaffen könnten! Dadurch würden alle von der besseren Aufenthaltsqualität, dem abnehmenden Parksuchverkehr und dem Schatten der noch zu pflanzenden Bäume profitieren.

Die politische Entscheidung wurde am 14.12.2021 gefällt. Die Mehrheit des Gemeinderats kann weiterhin zu der bereits gefällten Entscheidung stehen, anstatt in einer unheiligen Allianz mit SPD, Freien Wählern, BFF/FDP, CDU und der AFD diese verkehrspolitisch absolut sinnvolle Entscheidung wieder zurück zudrehen und sich wieder wochenlang mit dem selben Thema beschäftigen.

Der aktuelle Beschluss sieht schon eine Überprüfung der Gebührenordnung vor sobald die technische Umsetzung einer feingliedrigen Gebührenhöhe technisch möglich ist (Schnittstelle mit
dem Dienstleister KommOne). Es ist also ziemlich widersinnig schon jetzt wieder an dem Beschluss zu drehen obwohl man weiß, dass es in 1,5 Jahren ohnehin wieder umgestellt werden soll.

1Verwaltungsgerichtshof (VGH):
verwaltungsgerichtshof-baden-wuerttemberg.justiz-bw.de/pb/,Lde/10169131/

2twitter.com/Fabzgy/status/1532361634152316930

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