Baden-Württemberg

Pedelec

Tipps rund ums Pedelec

„Pedelec fahren ist ökologisch vernünftig“

Was muss man beim Kauf eines Pedelecs beachten? Wie unterscheiden sich Pedelecs von E-Bikes? Und wie ökologisch ist Pedelec fahren?

Christoph Joachim ist Vorstandsmitglied des VCD Baden-Württemberg, Kommunalpolitiker von Bündnis 90/Die Grünen und Gesellschafter der Transvelo Fahrräder GmbH. Als leidenschaftlicher Pedelec-Fahrer und Experte gibt er im Interview Tipps rund um das Pedelec.

Für alle, die sich jetzt für das Frühjahr ein Pedelec zulegen möchten. Was ist beim Kauf zu beachten?

Fragen Sie zuerst nach der Akku-Gewährleistung – das ist das teuerste Teil des Pedelecs. Nehmen Sie ein Produkt von einem Anbieter, den Sie kennen und dem Sie vertrauen, dass er die Marktbereinigung übersteht. Die technischen Anforderungen werden zunehmend komplizierter, sodass eher große Firmen den Wettbewerb überleben werden.

Es gibt zwei Antriebsarten beim Pedelec: Entweder befindet sich der Motor im Rad vorne oder hinten. Dieser Antrieb ist für das Flachland gut geeignet. In hügeligen Gegenden, wie hier in Baden-Württemberg, ist dringend ein sogenannter Mittelmotor zu empfehlen. Hier wird die Antriebskraft auf das Hinterrad übertragen. Die Motorkraft wird über die Fahrradschaltung noch mal übersetzt. Durch das hohe Drehmoment am Hinterrad kommt man am Berg schneller voran - mit geringerem Stromverbrauch. Beim Heckmotor kann man zwar den Akku während einer Bergabfahrt aufladen, aber die Ladezeiten sind viel zu gering. Das lohnt sich nicht. Man fährt ja keine zwei Stunden einen Berg herunter.

Der Nachteil beim Mittelmotor ist, dass der Verschleiß bei Bremsen, Ketten und Kettenschaltung höher ist. Hier muss man rund 100 bis 150 Euro Wartungskosten zusätzlich einplanen. Bedenkt man aber, dass das Pedelec sechs bis acht Cent pro Kilometer, das Auto dagegen 33 Cent pro Kilometer kostet, ist es fast unschlagbar. Nur das Fahrrad ist mit ein bis zwei Cent günstiger.

Man muss sich vorher genau überlegen, wie man das Pedelec nutzen wird. Bei Pendlern mit täglichen Strecken über 20 Kilometer ist ein S-Pedelec sinnvoll. Es gehört zu den Kleinkrafträdern und benötigt ein Nummernschild. Auch gilt hier eine Helmpflicht, und es gelten andere Verkehrsregeln was die Nutzung von Wegen angeht, wie bei einem Moped. Fährt man häufig mit einem Kinderanhänger, sollte man sich für ein Pedelec mit einem starken Motor entscheiden. Der stärkste Motor hat bis zu 75 Newtonmeter Drehmoment.

Die Entfernungsleistung der Akkus hängt von der Schaltung ab. Bei Kettenschaltungen hat der Akku den höchsten Wirkungsgrad. Ein Akku mit 500 Wattstunden hat eine Reichweite von rund 60 Kilometern.

Wieviel Geld muss man für ein gutes Pedelec investieren?

Zwischen 2.500 und 3.500 Euro. Für ein S-Pedelec muss man mit rund 3.000 bis 4.500 Euro planen. Dazu kommen die jährlichen Wartungskosten zwischen 100 und 150 Euro für die Bremsbeläge, die Kette und den Akkuverschleiß.

Wie sieht es mit der Reichweite aus? Wie lange hält der Akku eines Pedelecs?

Die Entfernungsleistung des Akkus hängt von einigen Faktoren ab. Wichtig sind nach Angabe des Reifenherstellers maximal aufgepumpte Reifen. Modelle mit Kettenschaltung haben einen etwas besseren Wirkungsgrad und deshalb eine etwas höhere Entfernungsleistung.

Bei einem Akku mit 400 Wh und einem Pedelec mit Kettenschaltung beträgt die Reichweite rund 40 bis 100 Kilometer, bei einem 500 Wh-Akku 60 bis 120 Kilometer.

Ein Akku hält im Schnitt zwischen 6.000 und 12.000 Kilometer. Dann muss er ausgetauscht werden. Ganz wichtig: Der alte Akku sollte bei der Verkaufsstelle zurückgegeben werden – hier besteht eine Rücknahmepflicht bei allen Händlern. Auch bei Supermärkten und Discountern, die einmal im Jahr Pedelecs anbieten. Ein neuer Akku kostet zwischen 400 und 1.000 Euro.

Was ist der Unterschied zwischen E-Bike und Pedelec?

E-Bikes sind elektrische Motorräder. Für die Nutzung von E-Bikes benötigt man ein Nummernschild – wie bei einem Moped. Beim Pedelec hingegen funktioniert der elektrische Antrieb über das Pedal. Man muss also selber aktiv werden. Es funktioniert nach dem sportlichen Prinzip: Ein Bewegungssensor reagiert auf Druck am Pedal. Für ein Pedelec benötigt man deshalb kein Nummernschild, weil da das Fahrradprinzip greift.

Wenn wir von E-Bikes sprechen, meinen wir fast immer Pedelecs. Es gibt nur sehr wenige E-Bikes auf den Straßen. Für Menschen mit Behinderung oder starker motorischer Einschränkung, die also keine Pedalbewegung ausführen können, ist ein E-Bike eine schöne Alternative.

Wie unterscheidet sich Radfahren vom Pedelec fahren?

Radfahren ist viel sportlicher. Das merkt man im Winter, dass man auf dem Fahrrad nicht so friert. Man kann den Motor des Pedelecs natürlich auch ausschalten, dann wird es auch sehr anstrengend, weil das Pedelec natürlich viel schwerer ist als das Fahrrad. Deshalb kann man es auch nicht so leicht die Treppe heruntertragen. Durch das höhere Gewicht wirken die Bremsen auch anders. Man muss noch vorsichtiger fahren, erstmal ein Gefühl für das Bremsen entwickeln. Dazu übt man am besten zu Beginn in einem Schonraum.

Die Statistik zeigt steigende Unfallzahlen bei Pedelec-Fahrern. Wie erklären Sie sich die Zahlen?

Es gibt ja mittlerweile auch viel mehr Pedelecs auf den Straßen – die Zahlen beinhalten nicht das proportionale Wachstum der Pedelec-Verkehrsteilnehmer. Die Verkaufszahlen von Pedelecs haben sich in den vergangenen vier Jahren verdoppelt, sodass jetzt drei Millionen in Deutschland unterwegs sind. Wir gehen davon aus, dass dieser Trend weiter anhält.

Außerdem legen Pedelec-Fahrer rund 40 Prozent längere Wege zurück als Fahrradfahrer. Man müsste also auch die Kilometerleistung berücksichtigen. Da die Unfälle aber nur 20 Prozent höher sind als bei Radfahrern, obwohl die Strecken 40 Prozent länger sind, kann man sagen, dass Pedelec fahren nicht gefährlicher ist als Radfahren. Die Holländer bestätigen das in einer Studie – sie betrachten die Unfallzahlen anhand der gefahrenen Kilometer.

Aber trotzdem braucht man natürlich breitere Radwege, wenn der Trend zum Pedelec weiter zunimmt, um das Unfallrisiko zu minimieren. Und: Wir brauchen Tempo 30 in den Innenstädten als Regelgeschwindigkeit – dann kommt es auch nicht mehr zu den riskanten Überholmanövern der Autofahrer. Das ist eine wichtige Forderung des VCD. Auch die geplanten Radschnellverbindungen unterstützen wir.

Was kann man tun, um ein sicherer Pedelec-Fahrer zu werden?

Man muss sich erstmal langsam herantasten, ein Gefühl für das Bremsen entwickeln und in Schonräumen üben. Der ADFC Esslingen bietet Fahrtrainings für 160 Euro für Erwachsene an. Am Anfang sollte man den Sattel etwas tiefer stellen, damit man gut mit den Füßen auf den Boden kommt. Und: Immer den Helm aufsetzen.

Wie sieht es mit der Ökobilanz bei Pedelec-Fahrern aus?

Der Stromverbrauch beim Pedelec ist sehr gering und entspricht den Zielen der Energiewende. Pedelec fahren ist ökologisch absolut vernünftig und als Ersatz zum Autofahren natürlich die weitaus ökologischere Alternative. Fahrradfahren ist natürlich noch besser.

Weitere Infos zum Thema Pedelec:

www.e-radkaufen.de

Bezug des VCD-Aufklebers „Pedelec willkommen. Hier Lademöglichkeit“

Der "Pedelec willkommen"-Aufkleber kann gegen einen adressierten und mit 1,45 Euro frankierten (DIN A4)-Rückumschlag beim
VCD LV bestellt werden.

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