Baden-Württemberg

Pressemitteilung, Stuttgart 21, Verkehrspolitik
Landesverband BW

Ergänzungsstation in Stuttgart ernsthaft prüfen, Engpässe vermeiden

Der VCD fordert die Planung zusätzlicher Bahnsteiggleise am neuen Stuttgarter Bahnhof (Stuttgart 21). Am kostengünstigsten und baulich einfachsten sei der Erhalt oberirdischer Gleise. Denn was der Hoffnungsträger ETCS wirklich an Kapazitäten schafft, wird sich in der Praxis zeigen und die angestrebten Doppelbelegungen sind immer noch nicht bestätigt.


Kapazität des neuen Bahnhofs und der S-Bahn auch mit ETCS angespannt 

Zur Debatte um Sinn und Notwendigkeit einer möglichen Ergänzungsstation zusätzlich zum im Bau befindlichen neuen Stuttgarter Hauptbahnhof (Stuttgart 21) erklärt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb: „Die Behauptung, dass in Stuttgart kein Bedarf für eine Ergänzungsstation bestehe, kann derzeit seriös nicht belegt werden. Diese Behauptung basiert auf der Hoffnung, dass durch ETCS die nachgewiesenen Engpässe sowohl bei der S-Bahn als auch im neuen Tiefbahnhof und seiner Zulaufstrecken behoben werden können. Ob dies in der Realität zutrifft, oder ob dies nur eine theoretische Modellrechnung war, wird die Zukunft weisen“. 

Deshalb ist es aus Sicht des VCD sinnvoll, Planungen für Ergänzungen der Infrastruktur zu erstellen, die auch umsetzbar sind. Denn sollte man kurz nach Inbetriebnahme von Stuttgart 21 feststellen, dass die ETCS-Versprechungen doch nicht wie erwartet realisierbar sind und die S-Bahn aus dem Takt gerät, benötigt man Infrastruktur-Ergänzungen. Wenn man jetzt auf diese Planungen verzichtet und die Stadt Stuttgart ihren Städtebau ohne eine solche Ergänzungsstation plant, könnte das ein Schildbürgerstreich werden, gibt der VCD zu bedenken.

Grundsätzlich sieht der VCD die Kapazitätsplanungen von Stuttgart 21 aus folgenden Gründen als sehr kritisch an:

  1. Weltweit werden Bahnhöfe in Großstädten erweitert, regelmäßig werden Kopfbahnhöfe um Durchgangsstationen ergänzt. Allerdings wird damit jeweils zusätzliche Infrastruktur geschaffen (Beispiele: Zürich, Malmö, Leipzig, in Planung: Frankfurt, Luzern) und der Bestand weiterhin genutzt. In Stuttgart hingegen wird ein bestehender Kopfbahnhof durch einen Durchgangsbahnhof nur ersetzt - bei Halbierung der Gleiszahl. Damit ist rechnerisch keine Erweiterung, sondern nur ein 1:1-Ersatz geschaffen (16 Kopfgleise gegen 8 Durchgangsgleise).
     
  2. Mit der zusätzlichen S-Bahn-Station Mittnachtstraße verschärft und verlängert sich der Engpass „Stammstrecke“. Die Einführung von ETCS ist deshalb notwendig, um diese durch Stuttgart 21 entstehenden Nachteile auszugleichen. Ob darüber hinaus noch Kapazitätsreserven geschaffen werden, ist fraglich, zumal die Station Mittnachstraße aufgrund der fehlenden Dreigleisigkeit auch mit ETCS einen Verspätungsabbau verhindert. Auch mit ETCS können keine zusätzlichen S-Bahn-Züge in der Hauptverkehrszeit zwischen Mittnachtstraße und Schwabstraße fahren. Die S-Bahn scheidet also zur Aufnahme von zusätzlichen Fahrgästen in der Hauptverkehrszeit weitgehend aus. Für eine Verkehrswende, bei der rund um Stuttgart auch im Berufsverkehr deutliche Verkehrsanteile von der Straße auf die Schiene verlagert werden, reicht die Kapazität der S-Bahn-Infrastruktur im Zentrum der Stadt nicht aus. 
     
  3. Der Deutschland-Takt sieht bei Stuttgart 21 eine Vielzahl von Doppelbelegungen von Gleisen vor. Ob diese Doppelbelegungen angesichts der Schrägneigung der Gleise (Höhenunterschied von 6,5 m von Beginn bis Ende der Bahnsteiggleise) überhaupt zulässig sind, ist derzeit nicht geklärt. Der Nachweis der gleichen Sicherheit muss erst noch erbracht werden. Insofern ist durchaus realistisch, dass Doppelbelegungen aus Sicherheitsgründen (wegrollende Züge) nicht zulässig sind und damit die Kapazitätsberechnungen Makulatur sind. 


Fazit: Aus all diesen Gründen sind aus VCD-Sicht Planungen für weitere Infrastrukturergänzungen sinnvoll. Matthias Lieb: „Die einfachste und preiswerteste Lösung wäre, es so wie in Zürich und allen anderen genannten Städten zu machen: der Durchgangsbahnhof wird zusätzlich zum bestehenden Kopfbahnhof in Betrieb genommen. Im Durchgangsbahnhof fahren dann die Fern- und schnellen Regionalzüge, im Kopfbahnhof beginnen und enden die Metropolexpress-Züge“.
 

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