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ÖPNV in Heidelberg ist langsamer geworden

Busse und Bahnen in Heidelberg brauchen länger als vor 25 Jahren.

Das Land fördert mit jährlich über 150 Mio. € Maßnahmen aus dem Bundes- und Landes-GVFG zur Verbesserung des öffentlichen Personennahverkehrs. Gegenstand ist hierbei auch die Beschleunigung im ÖPNV, denn es ist anerkannt, dass kürzere Fahrzeiten und eine pünktlichere Betriebsführung den Nahverkehr attraktiver machen.. Zudem ist sie auch besonders effizient, weil sie hilft, Personal- und Fahrzeugkosten einzusparen. Schließlich ist ernsthafte ÖPNV-Beschleunigung ein guter Gradmesser für die Frage, wie ernst es eine Kommune mit „Vorfahrt für den Nahverkehr“ tatsächlich meint.

Auch in Heidelberg wurden zahlreiche Projekte als ÖPNV-Beschleunigung verkauft. Sie wurden durchweg vom Land gefördert. Zu nennen sind folgende Projekte

-        Neue Straßenbahn (Linie 26) nach Kirchheim

-        Sanierung und Umbau Straßenbahn Neuenheim – Handschuhsheim (Brückenstraße – Steubenstraße – Rottmansstraße)

-        Sanierung und Baum Straßenbahn Südstadt – Rohrbach (Rohrbacher Straße – Karlsruher Straße)

Bedauerlicherweise haben alle diese „Beschleunigungsmaßnahmen“ das Gegenteil bewirkt. Der Nahverkehr in Heidelberg ist entschleunigt und auf praktisch allen Linien ist die Fahrzeit in den letzten 20 Jahren länger geworden (Aufstellung s. Anlage). Dabei hat das Verkehrsaufkommen im MIV in Heidelberg trotz Einwohnerzuwachs nicht zugenommen. Vielmehr stieg die Fahrradverkehr deutlich, während der ÖPNV trotz neuer Straßenbahnstrecken seit Ende der 90er Jahre auf dem bisherigen Niveau der Fahrgastzahlen dümpelt. Der letzte große Schub für mehr Fahrgäste waren die attraktiven Jahreskarten des VRN (Semesterticket, MAXX-Ticket, Karte ab 60 und das Jobticket).

Die Gründe für das Versagen der Bevorrechtigungsstrategien liegen u.E. in einer überzogenen Technisierung und Überregulierung im Verkehr:

-        Fußgängerüberwege wurden durchweg vollsignalisiert, anstatt Blinklicht oder auch nur Z-Gitter zu verwenden

-        Abbiegemöglichkeiten (v.a. Kfz) wurden nicht nur nicht reduziert, sondern ausgeweitet. Gerade flüssige Verkehrsgestaltung setzt im Kontext mit ÖPNV-Bevorrechtigung auf Reduktion der Abbiegemöglichkeiten und mehr indirekte Verkehrsführung

-        Zahlreiche Konfliktpunkte (z.B. Hofausfahrten) wurden signalisiert

Verschärft wird die Problematik durch vielfach nicht einwandfrei funktionsfähige Ampelansteuerungen und weitgehend Verzicht auf Vorsignale in Heidelberg (im Gegensatz zu Mannheim). Ein weiterer wesentlicher Grund ist, dass die Vorrangschaltungen durchweg nur als Phasenverlängerungen ausgestaltet sind, in keinem Fall gibt es einen absoluten Vorrang. Im Gegenteil, ein solcher wurde z.B. am Adenauerplatz abgeschafft. Andere Schaltungen gewähren zwar Vorrang, aber ihr Anmeldepunkt liegt viel zu spät, so dass die Bahnen immer zum (unnötigen) Stillstand kommen (Karl-Metz-Straße Ri. Bergheimer Str.). Hinzu kommt, dass an Verzweigungspunkten die richtige Detektion der Fahrzeugreihenfolge und ihrer Fahrtrichtung unzureichend ist.

All diese Probleme waren bereits bei der Planung erkennbar. Bei den ÖPNV-Projekten in Heidelberg ging es um Vieles, aber offensichtlich nicht um Beschleunigung.

 

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