Baden-Württemberg

BW, Pressemitteilung, Infrastruktur
Landesverband BW

VCD kritisiert ‚verquere Logik’ des Bundesverkehrswegeplans 2030

Pressemitteilung Nr. 35/16 - Stuttgart, 07. November 2016: Wichtige Bahnprojekte im Südwesten aufnehmen statt einseitig Straßenbauprojekte fördern

 

Den fehlenden Klimaschutz und die einseitige Ausrichtung auf Straßenbauprojekte beim Bundesverkehrswegeplan (BVWP) 2030 kritisiert der Landesverband Baden-Württemberg des ökologischen Verkehrsclubs VCD anlässlich der heutigen Anhörung im Ausschuss für Verkehr und digitale Infrastruktur des Bundestages.

„Deutlich mehr Klimaschutz im Verkehrsbereich ist zur Erreichung der Klimaziele dringend erforderlich – doch leistet der BVWP 2030 mit seiner Vielzahl von Straßenbauprojekten bei Vernachlässigung des Ausbaus der Schiene in der Fläche gerade auch in Baden-Württemberg einer weiteren Steigerung des CO2-Ausstoßes Vorschub, statt zu einer Minderung beizutragen“, erklärt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb.

Die verquere Logik des BVWPs zeige sich besonders auf der Hochrheinstrecke – dort werde der Autobahnbau zur Stärkung der Ost-West-Verkehrsachse als vordringlich angesehen, doch für die parallele Hochrheinbahn und die Bodensee-Gürtelbahn werde ein Ausbau und eine Elektrifizierung abgelehnt, da dem Schienenverkehr keine überregionale Bedeutung zuerkannt werde, obwohl dort heute schon schnelle Züge Basel – Singen – Friedrichshafen – Ulm unterwegs seien, beklagt der VCD. Während heute der Schienenverkehr auf dieser Achse konkurrenzfähig zum Straßenverkehr sei, solle durch den einseitigen Ausbau der Straße wieder Verkehr von der Schiene auf die Straße verlagert werden, stellt der VCD fest.

Darüber hinaus seien zur Umsetzung des Deutschland-Taktes neben dem Ausbau der Hochrhein- und der Bodenseegürtelbahn weitere Ausbauten im Südwesten erforderlich, stellt der VCD fest und fordert die Aufnahme der folgenden Projekte in den BVWP 2030:

1. Engpass Stuttgart-Feuerbach – Stuttgart-Zuffenhausen um zwei weitere Gleise ausbauen. Für eine Deutschlandtakt-taugliche Fahrzeit Mannheim – Stuttgart von 30 Minuten müsse dieser Engpass, der auch bei Stuttgart 21 ‚vergessen’ worden sei, dringend aufgelöst werden (Einzelmaßnahme Engpassbeseitigung Knoten).

2. Ausbau der Murrbahn abschnittsweise auf zwei Gleise mit Fahrzeitverkürzung Stuttgart –Nürnberg auf unter zwei Stunden: Obwohl seit 1992 im BVWP enthalten, sind dort bislang keine Maßnahmen zur Streckenertüchtigung umgesetzt worden. Im Hinblick auf die Fertigstellung der Hochgeschwindigkeitsstrecke München – Nürnberg – Berlin im nächsten Jahr ist eine leistungsfähige und schnelle Anbindung Baden-Württembergs dringend erforderlich.

Erfreulich aus VCD-Sicht sei einzig, dass immerhin 20 Jahre nach der vertraglichen Zusicherung gegenüber der Schweiz, die Strecke Zürich – Stuttgart ausbauen zu wollen, die Gäubahn genannte Strecke nunmehr in den vordringlichen Bedarf hochgestuft werden solle. Hier sei aus VCD-Sicht ein weitgehend zweigleisiger Ausbau inklusive eines dritten Gleises nördlich von Herrenberg notwendig.

Hintergrund zum Hochrhein:

Zwischen Basel und dem Bodenseeraum/Ulm gibt es aktuell keine direkte Autobahnverbindung. Die schnellste Fahrzeit Basel – Ulm per Pkw beträgt (lt. Google Maps) 3 h 8 Minuten (über Karlsruhe – Stuttgart; 340 km). Die ICE-Verbindung über Karlsruhe und Stuttgart dauert 3:44 h bis 3:52 h und erfordert ein- bis zweimaliges Umsteigen.

Schon heute besteht aber eine schnelle Verbindung mit einem vom Land bestellten Nahverkehrszug (IRE), die im 2-Stunden-Takt die Strecke Basel – Friedrichshafen – Ulm mit Dieseltriebwagen zurücklegt. Mit der Elektrifizierung der Südbahn ohne Elektrifizierung auch der Hochrhein- und Bodensee-Gürtelbahn wird zukünftig diese Direktverbindung unterbrochen werden und die Reisezeit ansteigen.

 Strecke – Fahrzeit

Straße (PKW)

 

Fernverkehr (ICE)

 

Nahverkehr (IRE)

 

Aktuelle Fahrzeit Basel – Ulm

 

3:08 h

(Google Maps)

3:44 – 3:52 h,

(1-2x Umsteigen)

 

3:11 h

Direktverbindung

Geplanter Ausbau gemäß BVWP

Ja

 

Ja

(NBS Stuttgart – Ulm)

 

Nein

 

Fahrzeit Basel –Ulm nach Ausbau

2:45 h – 2:50 h

 

ca. 3:20 h (ab ca. Jahr 2021/ 1-2x Umsteigen)

 

3:16 h (1-2x Umsteigen)*

 

*: aufgrund fehlender Elektrifizierung zukünftig Umstieg in Friedrichshafen, ggf. auch Singen

Der beabsichtigte Autobahnbau verursacht zusätzlichen Verkehr auf der Straße, alleine am Hochrhein soll dadurch der CO2-Ausstoß um jährlich rund 38.000 Tonnen ansteigen (vgl. www.bvwp-projekte.de/strasse/A98-G110-BW/A98-G110-BW.html).

Die Streckenelektrifizierung hingegen hätte unter anderem durch Verkehrsverlagerungen auf die Schiene eine Minderung der CO2-Emissionen bewirkt. 

 

zurück