Baden-Württemberg

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Landesverband BW

VCD fordert Engpassbeseitigung zwischen Stuttgart-Zuffenhausen und Stuttgart Hauptbahnhof – Stuttgart 21 verantwortlich für fehlenden Ausbau?

Pressemitteilung Nr. 9/17 - Stuttgart, 10. Februar 2017:

 

Der VCD Baden-Württemberg fordert die Aufnahme des Abschnittes zwischen Stuttgart-Zuffenhausen und Stuttgart-Hauptbahnhof in das Engpassbeseitigungsprogramm des Bundesverkehrswegeplans (BVWP) 2030.

Denn bereits heute verkehren auf diesem Gleisabschnitt in dichter Folge die Züge des Fern- und Regionalverkehrs, mit zunehmenden Fahrgastzahlen werde sich diese Situation zukünftig deutlich zum Nachteil der Reisenden verschlechtern, erklärt VCD-Landesvorsitzender Matthias Lieb.

Bisher sei im BVWP 2030 vorgesehen, die Strecke von Mannheim bis München durchgängig mit zusätzlichen Gleisen für den Hochgeschwindigkeitsverkehr zu erweitern – nicht jedoch auf dem rund sieben Kilometer langen Abschnitt bei Stuttgart. So drängten sich die TGVs, ICEs und ICs von Paris, Mannheim, Heidelberg und Karlsruhe und die Regionalzüge von Pforzheim, Würzburg und Heilbronnauf einem Gleis je Richtung, beschreibt Lieb die Situation.

„Bekannt ist diese Engstelle bereits seit dem Ausbau der Neubaustrecke (NBS) Mannheim – Stuttgart in 1991. Doch selbst nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 ist bislang nicht vorgesehen, diesen Abschnitt um zwei zusätzliche Gleise zu erweitern“, kritisiert der VCD.  

Matthias Lieb: „Obwohl sich die Kapazität dieser Strecke bereits heute am Limit bewegt und sämtliche Prognosen davon ausgehen, dass deutlich mehr Fahrgäste auf dieser Achse unterwegs sind, weigert sich der Bund als für den Streckenausbau Verantwortlicher, diesen Engpass zu erkennen.“

So erwarte die Deutsche Bahn (DB) AG in ihrem Szenario bis zum Jahr 2020 rund zwei Millionen mehr Fahrgäste im Fernverkehr auf der Relation Frankfurt/ Main – Stuttgart – München. Ebenfalls von einem Zuwachs bei den Reisendenzahlen von rund 38 Prozent oder 18.400 Fahrgästen täglich bis 2025 auf der Schnellfahrstrecke Stuttgart – Vaihingen/Enz gehe der aktuelle Entwurf des Regionalverkehrsplan Stuttgart aus, zeigt der VCD auf.

Selbst in der Verkehrsprognose 2030 des BVWP werde mit einer Steigerung von 18 Prozent im Schienenfernverkehr (SPFV) gegenüber 2010 gerechnet. Doch entgegen dieser Szenarien sei der Abschnitt kurz vor ‚Stuttgart 21‘ überraschend nicht als Engstelle im Zielkonzept des BVWP 2030 ausgewiesen, erklärt Lieb.

Während der Bund zukünftig – nach der Fertigstellung von Stuttgart 21 – im morgendlichen Berufsverkehr höchstens 11 Züge pro Richtung und Stunde erwarte, seien heute schon 14 Züge oder
27 Prozent mehr als prognostiziert unterwegs, zeige eine VCD-Auswertung des aktuellen Fahrplans. Nach Angaben des Bundes sei eine Strecke mit mehr als 12 Zügen pro Stunde jedoch überlastet.

Wenn also heute schon mehr Züge fahren und die Nachfrage zukünftig deutlich steigen solle, müsste der Bund doch diesen ‚Flaschenhals‘ identifizieren und ausbauen, schlussfolgert Lieb.

„Entweder ist die bisherige Methodik der Bundesverkehrswegeplanung fehlerhaft, wenn sie solche Engstellen nicht frühzeitig erkennt, denn damit werden falsche Investitionsentscheidungen getroffen – oder aber der Bund will mit der Beibehaltung des einen Engpasses einen weiteren Engpass bei Stuttgart 21 verschleiern”, stellt der VCD-Landesvorsitzende fest.

Denn aus VCD-Sicht sei das Projekt ‚Stuttgart 21‘ verantwortlich für den fehlenden Streckenausbau: Es sei schließlich gutachterlich festgestellt, dass bei einem Ausbau des Engpasses Stuttgart-Zuffenhausen-Feuerbach und weiter steigenden Zugzahlen die acht vorgesehenen Gleise für den Tiefbahnhof nicht ausreichend seien, sondern zwei weitere Bahnsteiggleise notwendig wären, verweist Lieb auf den Planfeststellungsbeschluss.

Da diese zusätzlichen Bahnsteiggleise bei Stuttgart 21 aber nicht realisierbar seien, versuche der Bund offensichtlich den Streckenausbau zu verhindern, um den Zugverkehr zum Bahnhof zu begrenzen. Gleichzeitig sehe der Bund aber auf den Straßen rund um Stuttgart lauter Engpässe, die beseitigt werden sollen, beklagt der VCD die straßenzentrierte Verkehrspolitik des Bundes.  

Deshalb fordert der VCD Baden-Württemberg den Bund auf, sich nicht länger der Realität zu verschließen und zwei zusätzliche Fernbahngleise von Stuttgart bis zum Tunnel ‚Langes Feld‘ der Schnellfahrstrecke Richtung Mannheim in den vordringlichen Bedarf des BVWP 2030 aufzunehmen. Als Nebeneffekt könne damit die Fahrzeit auf den Strecken Stuttgart – Mannheim und Stuttgart – Karlsruhe auf etwa eine halbe Stunde verringert werden, so der VCD.

Diese Maßnahme ermögliche es auch, dass Stuttgart in den – jüngst auch von Bundesverkehrsminister Dobrindt geforderten – Deutschland-Takt eingebunden werden könne.

Zudem verkürze sich die Fahrzeit auf der Verbindung Mannheim – München auf zwei Stunden mit optimalen Taktknoten, an denen die Anschlüsse zur vollen und zur halben Stunde in Mannheim, Stuttgart, Ulm, Augsburg und München erreicht werden könnten, erklärt Lieb abschließend.

Hintergrund:
Bundestagsdrucksache:
<link http: dip21.bundestag.de dip21 btd>dip21.bundestag.de/dip21/btd/18/109/1810925.pdf

Fahrplan 2017

 

Antwort Bundesregierung:
Zielnetz BVWP 2030*

Züge nach Stuttgart:

SPFV

SPNV

Summe

Auslastung

SPFV

SPNV

Summe

Stunde   7

6

8

14

133%

 

 

Stunde   8

5

7

12

114%

5

6

11

Stunde   9

6

3

9

86%

 

 

 

Gesamt

17

18

35

111%

*: max. Zahl der Züge je Stunde und
Richtung und Gleis zwischen 6 und 9 Uhr

 *: max. Zahl der Züge je Stunde und
Richtung und Gleis zwischen 6 und 9 Uhr

=> heute schon 27 Prozent höhere Belastung in der morgendlichen Spitzenstunde als vom Bund für 2030 prognostiziert


Auszug Planfeststellungsbeschluss Stuttgart 21, Talquerung PFA 1.1, Seite 206:

Von der Vorhabenträgerin wurde eine gutachterliche Stellungnahme von Prof. Dr.-Ing. Schwanhäußer vorgelegt (Entgegnungen auf die Einwendungen gegen das Projekt Stuttgart 21, siehe auch Kapitel „Planrechtfertigung“), die bestätigt, dass der Bahnhof an die Leistungsfähigkeit der Zulaufstrecken angepasst ist. Die Option für die Ausbauvariante P sollte jedoch aufrechterhalten werden. Erst bei einer weit über das Szenario E hinausgehenden Steigerung des Verkehrsaufkommens werden zusätzliche Streckeneinführungen erforderlich. Für die dann möglichen Zugzahlen und ihre Ankunftsverteilung sollte die Erweiterung der Bahnsteiggleisanlage auf 10 Gleise nicht ausgeschlossen werden.

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