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Südbaden
Umweltverbände: Allerhöchste Priorität für die Verkehrswende/
Umwelt- und menschenfreundliche Mobilität muss vorrangiges Ziel bleiben/
Die Stadtautobahn durch Freiburg wird keine Entlastung bringen
Auch nach der Präsentation der Prioritätenliste des Landes zum Bundesfernstraßenbau, auf der die Stadtautobahn Freiburg bei den Tunnelneubauten an zweiter Stelle steht, sehendie Freiburger Umweltverbände die Planungen äußerst kritisch. „Allerhöchste Priorität müssenMaßnahmen für die Verkehrswende hin zu umwelt-, menschen-und klimafreundlicher Mobilität haben,“ fordert Jörg Dengler, Vorsitzender des Regionalverbandes des ökologischen Verkehrsclub Deutschland (VCD). „Nur so können Freiburg und die Region der Klimakatastrophe entgegenwirken und ihre Einwohnerinnen und Einwohner schnell und wirksam vor krankmachendem Lärm und Luftschadstoffen schützen,nicht durch den Ausbau von Straßen“ ergänzt Ingo Falk vom Freiburger Klimabündnis.
Die Prioritätenliste des Landes füge sich gezwungenermaßen in die Logik des Bundesverkehrswegeplanes (BVWP) von Bundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU) ein. Dieser sehe ungeachtet der klimapolitischen Herausforderungen ein ungebrochenes Anwachsen des KFZ-Verkehrs über die kommenden Jahrzehnte vor, was auch der grüne Landesverkehrsminister Winfried Herman in den Begleitdokumenten zu seiner Prioritätenliste heftig kritisiere. „Unter diesen Bedingungen würde der Bau der Stadtautobahn durch Freiburg nicht nur einen Anstieg der Verkehrsbelastung im Schwarzwald bedeuten,“ fürchtet Dengler.„Die Stadtautobahn durch Freiburg wird keine Entlastung bringen.“ Auch wegen des neu geplanteninnerstädtischenVollanschlusses(„Ganterknoten“) würde die Stadtautobahn letztlich zu einem Anstieg deroberirdischen Verkehrbelastungin der Stadt führen. „Dagegen hilft nur das konsequente Umsteuern auf umweltfreundliche Mobilität,“ appelliert der VCD-Vorsitzende.
Zahlreiche Belege für ihre Kritik finden die Umweltverbände in der vom Land erarbeitetenPrioritätenliste selbst. Dort ist z.B.ausgeführt, dass für denFreiburger Stadttunnel nach der mittelfristigen Finanzplanung des Bundes die Mittelinnerhalb der kommenden 15 Jahre nicht vorhanden sein werden. Eine Realisierungschance innerhalb der nächsten 20 Jahre, bestünde demnach nur,wenn der Bund seine Mittelzuweisung an das Landfür den Straßenaus-und Neubau gegenüber der mittelfristigen Finanzplanung verdoppelt. Dies war zwar in der Vergangenheit durch sogenannte unterjährige Ausgleichsmittel, von denen Baden-Württemberg überproportional profitierte regelmäßig der Fall, und muss für die Zukunft neu ausgehandelt werden. Für VCD-Geschäftsführer Hannes Linck tritt jetzt genau der Fall ein, vor dem die Umweltverbändeimmer gewarnt haben: „Der Stadttunnel stehtquasiin direkter Konkurrenz mit dem Ausbau des Schienenverkehrs, der in der Region seit Jahren nur schleppend vorankommt,“ warnt Linck.
Unter umweltpolitischen Gesichtspunkten sei die nun aufgestellte Prioritätenlisten ein Muster ohne Wert. Verfahrensbedingt folgt sie weitgehend der Vorgabe vonBundesverkehrsminister Peter Ramsauer (CSU). So kritisiert Landesverkehrsminister Winfried Hermann (Bündnis90/Die Grünen) in einer Stellungnahme an Ramsauer heftig dessen Grundkonzeption für den Bundesverkehrswegeplan 2015 (BVWP): Dieser bleibe, so heißt es darin, „ein Infrastrukturplan“. Mobilität werde zu stark auf „Verkehrsaufwand“ verkürzt, dessen Anstieg auch in Zukunft als ungebrochenangenommen wird. Weiter fordereauchHermann in seiner Stellungnahme ein Leitbild nachhaltiger Mobilität, Verkehrsträger intelligent zu vernetzen und auf umweltverträgliche Verkehrsformen zu verlagern. AllerdingsstelleHermann resigniert wenige Zeilen später fest: „Gleichwohl fehlen in der Grundkonzeption ausreichende Anreize und Impulse für eine verkehrsträgerübergreifende, integrierte Planung.“ und: „Ebenso unzureichend sind die Klimaschutz-und Energieeinsparziele.“
Und genau diese Kritik, so die Freiburger Umweltverbände gelte auch für die Projekte auf der Vorschlagsliste für den BVWP. Zwar habe das Land versucht, in einem eigenen Verfahren die Wichtigkeit der Projekte zu bewerten, stieß aber nach eigener Aussage dabei auf enge Grenzen: Im Ergebnisbericht zur den Anhörungen zum BVWP 2015 heißt es desillusioniert: „Eine verkehrsträgerübergreifende Betrachtung ist im Rahmen der Landes-Priorisierung sowohl methodisch als auch im Hinblick auf verfügbare Ressourcen nicht leistbar.“ oder „Die Diskussion von Planungsalternativen, insbesondere der Nullvariante, [...] kann nicht im Rahmen des Maßnahmenplans des Landes erfolgen. Solche Sachverhalte sind in den nachfolgenden Planungsstufen [...] zu klären.“ Auch der durch den Bau neuer Straßen zusätzlich erzeugte KFZ-Verkehr wurde bei der Aufstellung der Prioritätenliste nicht bewertet: Das Landesverkehrsministerium dazu: „Eine Einschätzung des induzierten Verkehrs insgesamt ist im Rahmen der Priorisierung nicht leistbar.“
Für die Freiburger Umweltverbände kommt es also nach wie vor darauf an, die Verkehrswende hin zu umwelt-, menschen-und klimafreundlicher Mobilität so rasch wie möglich umzusetzen. Und das kann nur gelingen, wenn parallel zu einem deutlich beschleunigten Ausbau der Infrastruktur für Fahrrad, Bus und Bahn die für den Autoverkehr reduziert wird. „Das ist die einzige nachhaltige Alternative zu der gegenwärtigen und schon lange unerträglichen Situation an der innerstädtischen B31und nicht die geplante Erweiterung der Straßenkapazität.“
Als wichtige Maßnahmen fordern die Verbände die flächendeckende Einführung von Tempo 30 mit nur wenigen Ausnahmen, die Erweiterung der ÖPNV-Kapazitäten besonders für Ein-und Auspendler sowie die Einrichtung breiter Fahrradspuren auf den Hauptachsen.
Wie leicht und vor allem schnell die Situation an dieser neuralgischen Strecke verbessert werden kann, zeigtedie teilweise Sperrung der B31 im Sommer, über die auch von den Medien erstaunt berichtet wurde: „Die Autofahrerinnen und Autofahrer sind klug, und wenn man Ihnen den Stau vorhersagt, dann steigen Sie tatsächlich auf andere Mobilitätum“ stellt Jörg Lange vom Klimabündnis Freiburg fest. „Auf diese Erfahrungkann man aufbauen.“
Diese Presseerklärung wird getragen von den regionalen Gruppierungen von ADFC, Greenpeace, Klimabündnis,NABU und VCD.
Kontakt:VCDRegionalverband Südlicher Oberrhein,Jörg Dengler, Vorsitzender, Hannes Linck, Geschäftsführer,Tel. 0761-400 433-5