Baden-Württemberg

Landesverband BW

Pressemitteilung

Mühlacker: Bürger in Sorge wegen Autos in der Fußgängerzone.

Digitale Verkehrszählung eingerichtet.

Im Gemeinderat von Mühlacker wurde im Dezember 2024 mit einer knappen Mehrheit

beschlossen, nach knapp 30 Jahren wieder Kraftfahrzeuge in die Fußgängerzone der

Senderstadt fahren zu lassen. Unter Anwohnerinnen und Anwohnern hat diese Entscheidung

Kritik hervorgerufen. Daher wurde eine private Verkehrszählung installiert, deren

Auswertungen nun auf einer Webseite transparent öRentlich einsehbar sind.

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Quelle: VCD KV Pforzheim/Enzheim

Kritik an der Entscheidungsgrundlage
 

Insbesondere die schwache Datenlage als Basis der Gemeinderats-Entscheidung wird
kritisiert: "Wir sorgen uns um die Sicherheit unserer Kinder und die Aufenthaltsqualität und wir
können nicht verstehen, wie der Gemeinderat eine Umfrage unter nur 23 Geschäftstreibenden
als Entscheidungsgrundlage akzeptiert, während die Sichtweise von Anwohnerinnen und
Anwohnern oFenbar keine Rolle gespielt hat.", so Magdalena & Sebastian Gühring, Bewohner
der Kernstadt, die sich mehrmals täglich in der Fußgängerzone aufhalten. „Dies ist umso
bemerkenswerter, da die beteiligten Fachämter eine durchaus kritische Einschätzung
bezüglich Sicherheit des Fuß-/und Radverkehrs während der Testphase abgegeben haben.“
Damit im Verlauf und zum Abschluss des Verkehrs-Experiments reale Daten herangezogen
werden können, wurde nun mit Unterstützung von Liste Mensch und Umwelt (LMU), Bündnis
90/Die Grünen Ortsverband Mühlacker und Verkehrsclub Deutschland Kreisverband
Pforzheim/Enzkreis (VCD) eine digitale Verkehrszählung eingerichtet, die qualifizierte Daten
liefern wird, um genau zu erkennen, wie sich die Situation vor Ort im Testzeitraum entwickelt.
"Wir nehmen die Sorgen der Anwohnerinnen und Anwohner ernst. Die untere Bahnhofstraße
ist eine zentrale Achse für den Fuß- und Radverkehr in Mühlacker und beliebt zum Aufenthalt.
Die Sicherheit für die Menschen, für Kundinnen und Kunden steht für uns hier an erster Stelle –
ganz besonders in Zeiten, in denen Autos als WaFe missbraucht werden." so Theo Seemann
von der LMU-Fraktion. „Während der Gemeinderat jüngst 160.000€ für mobile Barrieren zur
Veranstaltungs-Absicherung freigegeben hat, geht man in der Fußgängerzone nun also davon
aus, dass man Autos ohne jegliche Barriere oder gar Bordstein direkt an Außengastronomie
und Fußgängern vorbeiführen kann? Wie passt das zusammen?“, fragt dazu Sebastian
Gühring.


Kriterien für einen Abbruch des Testbetriebs


Deshalb appelliert Theo Seemann an die Fraktionen: "Wir haben in der betreFenden
Ratssitzung gut zugehört und nehmen die Kolleginnen und Kollegen beim Wort, das Verkehrs-
Experiment ggf. auch innerhalb der ersten Monate vorzeitig zu beenden, wenn es nicht so
reibungslos läuft wie erwünscht." Hintergrund: Einige Befürworter des Testbetriebs im Rat
stellen sich die untere Bahnhofstraße mit Autoverkehr als verkehrsberuhigten Bereich mit
Schritttempo vor, was nach Aussage der städtischen Fachämter jedoch nur bis maximal 50
Fahrzeugen/Stunde in Spitzenzeiten möglich und somit kaum vorstellbar sei. Zudem wurden
zu hohe Geschwindigkeiten, überbordender Parksuch- und Durchgangsverkehr als Kriterien
für einen Abbruch des Experiments benannt.

Verkehrsexperte Marlon Frommer vom VCD Pforzheim/Enz ordnet zur Datenerhebung ein:
"Die nationale und internationale Studienlage zeigt ganz eindeutig, dass subjektive
Wahrnehmungen von Geschäftstreibenden zum Mobilitätsverhalten ihrer Kundschaft oft viel
mehr mit den eigenen Verkehrsvorlieben der Befragten zu tun haben, als mit der Realität ihrer
Kundschaft. Uns ist es deshalb wichtig, für die weitere Betrachtung der Fußgängerzone
qualifizierte Daten bereitzustellen, damit der Stadtrat von Mühlacker bei der nächsten
Entscheidung in der Sache eine gute Grundlage erhält

Ein Appell an den Gemeinderat


Die Initiatoren des Projekts hoffen, dass die erhobenen Daten zu einer ausgewogeneren
Diskussion führen und langfristig ein Verkehrskonzept gefördert wird, das die Interessen aller
Beteiligten berücksichtigt – von Anwohnerinnen und Anwohnern über Geschäftsleute und
Gastronomie bis hin zu den Verkehrsteilnehmern.


Für Rückfragen wenden Sie sich bitte an:
Theo Seemann, Liste Mensch und Umwelt
0178-4532045 | t.seemann@lmu-muehlacker.de

 

Hintergrund

Echtzeit-Verkehrsdaten für Transparenz

Die Datenerhebung erfolgt automatisiert und für die ÖRentlichkeit transparent auf einer
Webseite: telraam.net/en/location/9000008051
Eingesetzt wird in der Mühlacker Fußgängerzone auf Privatgrund ein mit EU-Förderung im
belgischen Leuven entwickeltes Gerät namens „Telraam“ aus dem Bereich „Citizen Science“,
welches auch in Deutschland bereits vielerorts hilft, wertvolle Erkenntnisse über
Verkehrsflüsse zu gewinnen. Die Telraam-Geräte arbeiten datenschutzkonform, erheben 24/7
vollautomatisch multimodale Verkehrsdaten und kategorisieren diese unter Verwendung
künstlicher Intelligenz und neuronaler Netze in Fuß-/Rad- und Kraftfahrzeugverkehr. Der
Hersteller stellt die erfassten Daten transparent und übersichtlich aufbereitet im Internet dar
und gibt eine Messgenauigkeit von 99,5% an. Das Gerät in der Mühlacker Fußgängerzone ist
seit Anfang Februar installiert und zeigt bereits jetzt erste Erkenntnisse:
1) Der weit überwiegende Anteil der Verkehrsteilnehmenden ist hier zu Fuß oder mit dem Rad
unterwegs – an Werktagen deutlich über zehn Prozent der Mühlacker Gesamtbevölkerung.
Von einer angeblich wenig belebten Fußgängerzone kann demnach keine Rede sein.
2) Steigende Temperaturen und die wieder geöRnete Eisdiele locken kontinuierlich mehr
Menschen zu Fuß und mit dem Rad in den Bereich. Die EröRnungen von Woolworth und
„Höhner's lokale Genüsse“ werden diesen ERekt verstärken.
3) Seit die Poller wegen eines Defekts dauerhaft gesenkt sind, nutzen KfZ-Fahrer den Bereich
zunehmend, obwohl es bisher noch nicht erlaubt ist.
4) Der überwiegende Anteil der erfassten Kraftfahrzeuge ist zu schnell unterwegs – teils
deutlich. Gemessen wurden Geschwindigkeiten bis 50 km/h.

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