Baden-Württemberg

Pressemitteilung, Schienenverkehr, Infrastruktur
Ludwigsburg

Kompromiss mit vielen Fragezeichen

Pressemitteilung - Ludwigsburg, 24. April 2017: Das Aktionsbündnis Pro Niederflurstadtbahn begrüßt den im Verkehrsministerium zwischen den beteiligten Kommunen und der Landkreisverwaltung beschlossenen Kompromiss dahingehend, dass nun eine Antragstellung zur nächsten Förderstufe B nach Bundes-Gemeindeverkehrsfinanzierungsgesetz (GVFG) für die Niederflurstadtbahn grundsätzlich ermöglicht wird.

 

Das Aktionsbündnis hofft, dass sich hierfür nunmehr auch im Ludwigsburger Gemeinderat die erforderliche Mehrheit finden wird. „Die Zeichen dafür stehen nicht schlecht“, so die Einschätzung von Andreas Stier, Sprecher des VCD Ludwigsburg.

Grundsätzlich befürwortet auch das Aktionsbündnis als ersten Schritt eine schnelle Reaktivierung der Bahn nach Markgröningen – jedoch sinnvollerweise gleich als Niederflur-Stadtbahn nach der Eisenbahn-Betriebs-Ordnung (EBO) oder der Betriebsordnung-Straßenbahn (BO-Strab). Andreas Stier: „Mit dem Einstieg in den Stadtbahnbetrieb wäre eine Betriebsaufnahme auf dem Markgröninger Ast in etwa 5 Jahren möglich. Vor einer Reaktivierung als Eisenbahn als zweitbeste, weil schnellere und provisorische Lösung wären jedoch vorab die Fragen der Doppelbezuschussung genau zu klären. Es macht doch keinen Sinn, jetzt eine millionenschwere Reaktivierung als Eisenbahn zu zahlen wenn fraglich ist, ob der erneute Umbau auf Stadtbahn  wenige Jahre später dann überhaupt noch gefördert würde.“

Die Initiative fordert daher, das Planungs- und Genehmigungsverfahren für die Stadtbahn einschließlich der Verlängerung der Stadtbahn-Strecke in die Markgröninger Innenstadt schnellstmöglich und vordringlich voranzutreiben. Dazu sei auch, so Dr. Werner Bischof vom Aktionsbündnis, die bereits früher untersuchte Weststadtspange mit neuer Brücke über den Bahnhof gemäß der aktuellen verkehrlichen Entwicklungen dringend und kurzfristig erneut zu prüfen um die unnötig aufwändige Unterquerung des Ludwigsburger Bahnhofs sowie die komplizierte Weiterführung zum Zentralen Omnibusbahnhof und in die Innenstadt zu vermeiden. „Wenn irgend möglich, muss das gleich richtig gemacht und Teil des Zuschussantrages werden“ ist Bischof überzeugt.

Die Bündnisvertreter sehen weiterhin viele Fragen zum von der Stadt Ludwigsburg in der Infoveranstaltung jüngst „als bestes Verkehrsmittel“ beworbenen BRT-System als ungeklärt an: So lägen ihrer Ansicht nach keine nachvollziehbaren Kostenkalkulationen vor und die Möglichkeit einer Förderung sei nur vage in den Raum gestellt worden. Sie hatten auch erwartet, dass aufgezeigt wird, wo für ein funktionierendes BRT-System neue Trassen entlang bestehender Straßen unabdingbar seien und wie lange deren Genehmigung daure. Statt diese Fragen zu beantworten, hätte die Stadtverwaltung vielmehr die Niederflur-Stadtbahn mit hohen Kosten, einer großen Unfallgefahr sowie der Notwendigkeit der Fällung ganzer Alleen wegen der Verlegung von Leitungen als Schreckgespenst an die Wand gemalt. Dabei könnten die Leitungen im bestehenden Straßenraum verlegt und obendrein noch hoch bezuschusst erneuert werden – ein klarer Vorteil für die Stadt!

In Anbetracht der sich zuspitzenden Verkehrs,- Lärm,- und Luftschadstoffproblematik in der Region Stuttgart rät die Initiative dem Ludwigsburger Gemeinderat dringend, bei seiner schon in der kommenden Woche anstehenden Entscheidung, unmissverständlich für die Schaffung eines Stadtbahnnetzes zu stimmen. Gudrun Meissner vom Bündnis: “Die gerade erst veröffentlichte Umfrage bei Pendlern hat ergeben, dass sie zum Umstieg auf den ÖPNV bereit sind – wenn er attraktiv ist. Von einem BRT-System mit Riesenbussen, das beim Fahrkomfort gegenüber einer Stadtbahn viel schlechter abschneidet, halten wir daher gar nichts.“ Und „Unser Oberbürgermeister streut uns nur Sand in die Augen, wenn er behauptet, dass das BRT-Netz in kürzester Zeit und für wenig Geld geschaffen werden kann und die Markgröninger Bahn ein Provisorium sein soll.“, so die Mitglieder der Initiative einhellig.

Nach Auffassung des Bündnisses solle deshalb im Rahmen der vereinbarten Doppelstrategie zunächst mit den Zuschussgebern geklärt werden, wann die Planungen und der Bau der Stadtbahn nach Antragstellung beginnen können. Nur wenn der Zeitraum bis zur Realisierung der Stadtbahn bekannt sei, könne doch erst geklärt werden, ob sich für diese Übergangszeit eine vorläufige  Bahnreaktivierung überhaupt darstellen lässt. Oder, welche weiteren vorläufigen Optimierungsmaßnahmen des ÖPNV in Stadt und Kreis Ludwigsburg, wie etwa die rasche Stärkung des Busangebotes durch die Markierung von Busspuren, Ampelbevorrechtigungen an Kreuzungen sowie von zusätzlichen Linien und Taktverdichtung sinnvoll wären.

Übrigens - ein erhöhtes Gefährdungspotential durch Stadtbahnen für Radfahrer gebe es nicht, wie unter Anderem der jüngst erschienene Polizei-Bericht zur Unfalllage in Stuttgart belege: Dort sei laut der Statistik in 2016 an keinem einzigen Unfall mit Stadtbahnen ein Fahrradfahrer beteiligt gewesen! Die Befürchtung, Radler könnten in den Rillen des Stadtbahngleises hängenbleiben und zu Fall kommen, sei zwar nachvollziehbar. Der Fall trete jedoch in Realität und in Städten mit Stadtbahnen aufgrund der Gewöhnung an die Schienen, wie etwa auch an Bordsteinkanten etc., relativ selten ein. Viel häufiger dagegen würden Radler immer wieder im toten Winkel von Gelenkbussen und Lkw erfasst, was zu schweren und oft tödlichen Unfällen führe, so das Bündnis abschließend.

 

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