Pressemitteilung,
Tourismus
Reutlingen
Presseinformation Nr. 1/2015, Reutlingen, 17. Januar 2015 | VCD: Biosphärengebiet Schwäbische Alb noch immer ein Reservat für den Motorisierten Individualverkehr
Verkehrsclub sieht kaum Fortschritte zu einer nachhaltigen Verkehrspolitik nach fünf Jahren Biosphärengebiet auf der Alb
Das Biosphärengebiet Schwäbische Alb, bisher einziges Biosphärenreservat in Baden-Württemberg, hat in Sachen nachhaltiger Tourismus noch einen langen Weg vor sich. So lautet das Fazit des Kreisverbands Reutlingen des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) anlässlich der Präsentation des Biosphärengebiets in Halle 6 auf der CMT in Stuttgart.
Maßnahmen wie die Ausschilderung des Marbacher Gestüts-Radwegs, die sich das Biosphärengebiet 2014 für einen 6-stelligen Euro-Betrag selber zum fünften Geburtstag schenkte, könnten nicht darüber hinwegtäuschen, dass die Nachhaltigkeit der Verkehrspolitik im Schutzgebiet auf der Alb überschaubar sei. Weder der Verwaltung des Biosphärengebiets noch den zuständigen Tourismus-Managern sei es bislang gelungen, den Umweltverbund aus Radverkehr und ÖPNV entsprechend zu fördern, kritisiert die Regionalvertretung des VCD.
„Radfahren ist eine der umweltfreundlichsten Fortbewegungen überhaupt,“ so Florian Müller, Sprecher des VCD Reutlingen, „aber ein optimal mit Bus und Bahn vernetztes Radkonzept gibt es im Biosphärengebiet Schwäbische Alb immer noch nicht.“ Die neue Radler-Broschüre des Landratsamts Reutlingen wirbt zwar mit den „schönsten Touren der Mittleren Schwäbischen Alb“, doch bei mehr als der Hälfte seien deren Ausgangs-Punkte nur mit dem Auto zu erreichen, bemängelt der VCD. Mit diesem Angebot verfehle der Landkreis Reutlingen das wichtige Ziel der „Vernetzung von ÖPNV und Radverkehr“, wie es im Rahmenkonzept des Biosphärengebiets festgelegt wurde.
VCD-Sprecher Müller: „Vor allem im Kreis Reutlingen steht der motorisierte Individualverkehr nach wie vor im Vordergrund touristischer Bemühungen.“ Während über 100 Informationstafeln an so genannten Wander-Parkplätzen schon seit Jahren den Autofahrer umwerben, lässt eine durchgängige Radweg-Beschilderung immer noch auf sich warten. Da passe es ins Bild, dass sich der Kreistag Reutlingen im Dezember zum wiederholten Mal weigerte, der Arbeitsgemeinschaft Fahrradfreundlicher Kommunen (AGFK-BW) beizutreten, so die Kritik des VCD.
Vollgeparkte Wiese in der Nähe des Haupt- und Landgestüts MarbachAuch auf dem Gebiet des ÖPNV tritt das Biosphärengebiet im sechsten Jahr nach seiner UNESCO-Anerkennung auf der Stelle. Mangels attraktiver Angebote für eine umweltfreundliche Anreise mit Bus und Bahn kommen zu den zahlreichen Großveranstaltungen wie den publikumswirksamen Events des Haupt- und Landgestüts Marbach zehntausende Besucher mit dem Auto. „Im Widerspruch zur Zielsetzung des Rahmenkonzepts ist das Biosphärengebiet im Landkreis Reutlingen auf dem besten Weg, sich als Reservat für den Autoverkehr zu etablieren“, ärgert sich VCD-Sprecher Müller.
In einem Offenen Brief wendet sich der Verkehrsclub Deutschland jetzt an den zuständigen Regierungspräsidenten Hermann Strampfer in Tübingen mit der Forderung, sich stärker für eine nachhaltige Verkehrspolitik im Biosphärengebiet Schwäbische Alb einzusetzen. Mit Hinblick auf die Planungen eines Biosphärenreservats im Südschwarzwald, könne die Alb sonst bald den zweiten Rang bei den Schutzgebieten in Baden-Württemberg einnehmen, so die Befürchtung des VCD Reutlingen. Schließlich weiß der Verkehrsclub: Ein ausgezeichnetes Konzept für alle Verkehrsteilnehmer haben sie im Schwarzwald schon.