Vom 9. bis 11. Mai 2013 bot der VCD Stuttgart eine Fahrt nach Hasselt in Belgien an.
Unser Aktivist und Vorstandsmitglied Axel hat es schon immer gewusst, keine
StattVerkehrsRunde (SVR) verging, ohne dass er dies mit einbrachte: In Hasselt
(Belgien) tut sich Großes. Hasselt ist eine der wenigen europäischen Städte, in
welcher die Nutzung des öffentlichen Nahverkehrs kostenlos ist!
Als er uns jetzt auch noch darauf hinwies, dass ein entsprechender Artikel in
der ,,Die Zeit" erschienen war, wurde nach seiner Lektüre in der letzten
SVR spontan entschieden: Lasst uns doch als nächsten VCDJahresausflug
eine Fahrt nach Hasselt/Belgien unternehmen und vor Ort diese Besonderheit
auf uns einwirken lassen!
Als Termin wurde Do., 9. Mai (Christi Himmelfahrt) bis Sa., 11. Mai
2013 festgelegt.
Bericht von Christoph Link
In Hasselt (Belgien), einer Stadt mit ca. 75 000 Einwohnern in der flandrischen Provinz Limburg, gibt es seit 1997 einen kostenlosen öffentlichen Busverkehr. Dies war Anlass für den Kreisverband Stuttgart, dieses Jahr eine Fahrt dort hin zu machen, steht doch die Forderung nach einem kostenlosen ÖPNV in Stuttgart immer wieder zur Diskussion.
So fuhren sieben Stuttgarter VCDler am Himmelfahrtstag mit einem Stadtmobil-Bus für eine dreitägige Exkursion zunächst in unsere Unterkunft, eine Herberge der Naturfreunde in der Nähe von Lüttich (Liege), Belgien. Nachmittags besuchten wir in Lüttich den hochmodernen, architektonisch eindrucksvollen neuen Bahnhof und machten einen Rundgang durch die Altstadt an der Maas. Lüttich ist wallonisch, also französisch sprechend, und es gibt dort viele Einwanderer, vor allem aus dem Kongo, aber auch aus vielen europäischen Ländern, was der Stadt ein internationales Flair verleiht. Mangels konkurrenzfähiger Industrie ist die Arbeits-losigkeit sehr hoch.
Der zweite Tag war für Hasselt reserviert: Zunächst gab es eine professionelle Stadtführung, bei der nicht nur Verkehrsthemen angesprochen wurden, sondern auch die Stadtgeschichte, Wirtschaft und Kultur. Im Gegensatz zu Lüttich wird hier flämisch gesprochen, die Zusammensetzung der Bevölkerung entspricht eher der einer deutschen Mittelstadt. Während der Führung gab es schon die erste Busfahrt mit dem Citypendel zum Bahnhof, dann weiter mit dem Boulevardpendel einmal um die Innenstadt. Der Innenstadtring wurde zur Einbahnstraße zurückgebaut, teilweise mit Busspuren, mit Baumreihen und breitem Boulevard. Vor Einführung des kostenlosen Busverkehrs fuhren kaum 1 000 Fahrgäste mit dem Bus, heute sind es über 12 000 pro Tag. Der Boulevardpendel fährt im 5-Minuten-Takt, die anderen Busse im Halb- oder Stundentakt mit gemeinsamem Treff am Bahnhof.
In Hasselt wird auch viel für das Radfahren gemacht: Neben einem guten Radwegenetz gibt es auch Fahrräder zum Ausleihen, Pedelecs, und einen bewachten Fahrradparkplatz am Rathaus. Dennoch war das Fahrrad nicht so präsent im Straßenraum wie man das z.B. von holländischen Städten kennt.
Für das Busfahren soll aber ab nächstem Jahr für Erwachsene eine geringe Gebühr (60 Cent) für eine Stadtfahrt verlangt werden. Grund ist, dass die Provinzregierung die Zuschüsse einstellt, die Stadt allein die Kosten aber nicht übernehmen kann. Ein Problem ist sicher, dass mit dem kostenlosen Bus viele Menschen in die Stadt zum Einkaufen fahren und die umliegenden Orte ausbluten. Die Frage, wie viel Kfz-Verkehr mit kostenlosem ÖPNV vermieden wird und wie viele Fahrten zusätzlich anfallen, hätte an diesen Beispiel vielleicht geklärt werden können. Sie ist in jedem Fall einwichtiges Entscheidungskriterium für oder gegen den kostenlosen ÖPNV.
Am dritten Tag trafen wir uns mit zwei VCD-Vertretern in Aachen. Bei einem sehr freundlichen Empfang mit Essen und Trinken wurden wir in die Verkehrsprobleme von Aachen eingeführt: Ähnlich wie wir in Stuttgart müssen die Aachener mit einer Niederlage durch einen Bürgerentscheid leben. Dort ging es um den Bau der Campusbahn, einer neuen Stadtbahn mit zwei Linien durch die Stadt. In einem (freiwilligen) Bürgerentscheid stimmten zwei Drittel gegen die Bahn, hauptsächlich aus Kostengründen.
Bei der anschließenden Stadtführung wurde der Marktplatz mit Rathaus, der Elisenbrunnen und natürlich das gerade renovierte Münster mit Oktogon besichtigt - für viele von uns ein Ort, den wir bisher nur aus den Geschichtsbüchern kannten und den ich persönlich sehr beeindruckend fand. Bei einem gemeinsamen Essen in einer typischen Aachener Wirtschaft verabschiedeten wir uns von den Aachener VCDlern. Insgesamt war es nicht nur eine sehr lehrreiche, interessante Fahrt, sondern es waren auch sehr schöne Tage innerhalb der kleinen „VCD-Familie“.