Baden-Württemberg

Landesverband BW

Die Kappung der Gäubahn ist unnötig und rechtswidrig

Die Klagen des Landesnaturschutzverbands Baden-Württemberg (LNV) und der Deutschen Umwelthilfe (DUH) gegen die Kappung der Gäubahn werden Mitte Februar vor dem Verwaltungsgericht Stuttgart verhandelt. Die Deutsche Bahn bzw. die DB Projekt Stuttgart-Ulm GmbH behauptet, dass die Unterbrechung der Gäubahn im April 2026 erforderlich sei, um die S-Bahngleise von Feuerbach an die neu gebaute S-Bahnstation Mittnachtstraße anzuschließen. Deswegen müsse der Gäubahn-Damm abgebaggert und der Zugverkehr eingestellt werden. Das hätte verheerende Folgen für die Anrainergemeinden der Gäubahn und der südlichen Landesteile sowie der Schweiz: Die Landeshauptstadt Stuttgart ist dann nur noch mit Umstieg in Stuttgart-Vaihingen in die S-Bahn oder Stadtbahn erreichbar.

 

 

An der Darstellung der Bahn gibt es erhebliche Zweifel. Fachleute haben die genehmigten Baupläne der Bahn – den Planfeststellungsbeschluss von 2006 – mit den tatsächlich ausgeführten Arbeiten verglichen. Daraus ergibt sich eindeutig: Die genehmigten Baumaßnahmen hat die Bahn nicht ausgeführt. Klaus Arnoldi vom Verein zur Förderung des Schienenverkehrs: „Damit ist die Genehmigung für eine auf wenige Monate begrenzte Unterbrechung hinfällig.“
Die Bahn hat ihre Baupläne geändert. Statt der sehr aufwändigen und risikobehafteten provisorischen Umleitung der S-Bahn hat sie sich für eine einfachere Bauausführung entschieden: So hat sie die neue S-Bahn-Station Mittnachtstraße und die zuführenden Gleise im Schutze einer Spundwand erstellt. Dr.-Ing. Hans-Jörg Jäkel: „Die Bahn hat die neuen S?Bahngleise weitgehend fertig gebaut, so dass die provisorische Umleitung nicht mehr erforderlich ist.“
Daraus folgt: Ist die ursprünglich geplante Verlegung der S-Bahn nicht nötig, muss auch die Gäubahn nicht unterbrochen werden. Zur Inbetriebnahme der neuen S-Bahnstation Mittnachtstraße müssen nur noch die Gleise von Feuerbach an die neue Station  angeschlossen werden (siehe Bild). Das bestätigt auch Universitätsprofessor  Dr.-Ing. Eberhard Hohnecker, Professor für Eisenbahnwesen am Karlsruher Institut für Technologie: “Für die Gleisverschwenkung ist ein Eingriff in den Damm bzw. die Stützmauer der Gäubahn nicht nötig.“


Um Stuttgart 21 und die neue Station Mittnachtstraße in Betrieb zu nehmen, muss die Gäubahn nicht unterbrochen werden. Das ist eine gute Nachricht für die Reisenden auf der Gäubahn. „Auch die Deutsche Bahn hat in einer Machbarkeitsprüfung im Jahr 2018 zwischenzeitlich eingeräumt, dass die S-Bahn baulich so angeschlossen werden kann, dass der Betrieb auf der Gäubahn weiterlaufen kann“, ruft Gero Treuner vom Landesvorstand des ökologischen Verkehrsclubs Deutschland (VCD) in Erinnerung.
Allerdings will die Stadt Stuttgart verhindern, dass nach der Inbetriebnahme von Stuttgart 21 weiterhin Züge in den Kopfbahnhof einfahren, weil dadurch ihre städtebaulichen Pläne behindert werden. Offenbar ist das für die Bahn wichtiger als ein störungsfreier Schienenverkehr. Deswegen klagen der Landesnaturschutzverband und die Deutsche Umwelthilfe gegen die Unterbrechung der Gäubahn.Hierzu sagt Stefan Frey vom LNV: „Wir haben Verständnis für den Wunsch der Landes-haupt­­­stadt Stuttgart nach neuen Bauflächen. Wir haben aber kein Verständnis für die kompromisslose unkreative „Alles oder nichts-Haltung“ der Stadt zu uneingeschränktem Bauen auf dem Gleisvorfeld. Mit einem kleinen Teil der immerhin 85 ha (rund 120 Fußballfelder) großen Fläche des künftigen Bebauungsplangebiets lässt sich ein unterbrechungsfreier Betrieb der bestehenden Gäubahn so lange aufrechterhalten, bis ab voraussichtlich Ende 2032 die künftige Gäubahnführung zur Verfügung steht.“Jürgen Resch DUH ergänzt: "Das Gutachten von Prof. Hohnecker belegt die Falschaussage der Bahn, eine Unterbrechung der Gäubahn sei 'alternativlos'. Angesichts des nach DUH-Informationen geplanten jahrelangen Doppelbetriebes von Kopf- und nur eingeschränkt nutzbaren Tiefbahnhofs entfällt damit den Lobbyisten der Immobilienwirtschaft und eines Tunnelbauunternehmens ein zentrales Argument."


3. Februar 2025

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